Invar Hollaus
ist Dozent für Kunstgeschichte
an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel und Autor zahlreicher
Fachartikel über zeitgenössische Kunst.
Der nebenstehende Text ist ein Auszug aus dem Allgemeinen Künstlerlexikon
Bd.56, S.58, München Leipzig (2007). Mit freundlicher Genehmigung des
Autors.
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...Das
Frühwerk der 30er und frühen 40er Jahre ist geprägt von einer sowohl dem Impressionismus
als auch dem Expressionismus, besonders den Malern der "Brücke", nahestehenden
Malerei. Glatt malt v.a. Bildnisse aus dem Kreis seiner Familie und Bekannten
sowie Auftragsportraits und figürliche Bilder, zudem Landschaften (meist aus
dem Jura, aus der Gegend um den Doubs und den Franches Montagnes, sowie Schrebergärten
zu allen Jahreszeiten). Seine Fähigkeiten als Fresko- bzw. Wandmaler kommen
ihm auch auf Leinwand und Papier zugute hinsichtlich der Vereinfachung sowie
der sorgsamen malerischen Umsetzung des Motivs in eine grosszügige Bildform.
Glatt pflegt einen die geometrischen Formen vereinfachenden, breitflächig gehaltenen
Stil, der den räumlichen Eindruck über einen akzentuierten Farbeinsatz verstärkt.
Die Mitglieder der 1948 mit Max Kämpf, Gustav Stettler und Joos Hutter gegründeten
"Gruppe 48" werden auch als Graumaler bezeichnet in Anspielung auf ihre Vorliebe
für eine grautonige Malerei von Alltagsmotiven. Im Lauf der 50er Jahre hellt
sich Glatt's Palette deutlich auf, Primärfarben kommen wirkungsvoll zum Einsatz.
Die Dastellung des Menschen dominiert weiterhin sein Werk. Die Landschaften
sind von einer eher flächigen Bildanlage und klar strukturiert mit oftmals geometrisch-kantigen
Formen. Die abstrahierenden Figurenbilder nähern sich in dieser Phase stilistisch
dem späten Picasso an. Die Kompositionen werden in der Folge noch flächiger,
die Formen reduzierter und durch klare Konturen umrissen.
Während der 70er Jahre
entstehen zeitweilig Werke mit kürzelhaften dekorativen Buchstaben, die als
mon. Kennwörter ins Blickfeld rücken. Diese doppelte Aussage von Schrift und
Bild verschwindet aber schon bald wieder aus Glatt's Schaffen. Liebespaare herrschen
im Spätwerk über mehrere Jahre in zahlreichen Kompositionen variantenreich vor;
exemplarisch ist dafür ein Anfang der 90er Jahre entstandener Zyklus mit den
Werken Traum, Träumerei und Gedankenspiel. Die Figuren sind zumeist nackt, zuweilen
in regelrechte Knäuel verstrickt und in kontrastierenden, sehr intensiven Farben,
oft Rot, Gelb, Blau, Grün, gehalten zur deutlichen Kennzeichnung der Unterschiede
zwischen den Geschlechtern. Bis zu den letzten Werken bleibt die Farbgebung
expressiv, die Körper und Figuren werden in einer klassizistischen, jedoch vereinfachend-abstrahierenden
Art und Weise wiedergegeben. Perioden einer straffen Bild-Gestaltung wechseln
sich mit Phasen einer malerisch expressiven Behandlung durch das gesamte Werk
hindurch ab. Eine große Eigenwilligkeit bei der Motivwahl und eine hohe Vitalität
der malerischen Umsetzung prägen Glatt's Schaffen bis ins hohe Alter...