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![]() Bild 2: Karl Glatt um 1930 |
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![]() Bild 4: Coghuf und Karl Glatt |
![]() Foto V.+R. Jeck Bild 5: Im Atelier von Max Kämpf |
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![]() Bild 8: Pfingstausstellung 1937 |
![]() Bild 9: Lucie Notz |
![]() Bild 10: Hafen von St. Louis du Rhône, Aquarell von G. Pomerat (aus dem Nachlass von KG) |
![]() Bild 11: Das Ferienhaus in Froidevaux im Winter |
![]() Bild 12: Arrecive |
![]() Bild 13: Friedrich "Fritz" Weber |
![]() Bild 14: Grabmosaik von KG |
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Fachkommentare
> Literatur, Auszeichnungen
> Ausstellungen
Karl Glatt wurde am 1. August 1912
als zweites von 5 Kindern im Bauerndorf Magden im Kanton Aargau geboren (Bild
1). Sein Vater Gustav war Schreiner, seine Mutter Maria Gisin Hausfrau. Von
Amtes wegen wurde er am 30. Juli 1912 geboren, was dadurch zustande kam, dass
Vater Gustav, der Tage später die Geburt bei der Gemeinde anmeldete, das
Datum nicht richtig angab.
1919 zog die Familie aus der handwerklich-bäuerlichen Umgebung Magdens
in den Basler Vorort Birsfelden, wo Gustav Glatt als Schreiner Arbeit fand
und später eine Wirtschaft betrieb.
Karl besuchte in Birsfelden die Schule und begann anschliessend eine Grafikerlehre
in Basel. Nach zwei Jahren Lehrzeit wurde das Grafikatelier durch das kantonale
Gewerbeinspektorat kontrolliert und die Lehrlingsausbildung entzogen mangels
genügender Qualifikation des Lehrbetriebs. Karl, der leidenschaftlich
zeichnete, fand einen Ausweg aus der misslichen Lage an der Basler Gewerbeschule,
die Unterricht im künstlerischen Malen und Zeichnen anbot.
Mit 18 Jahren ging er mit zwei Kumpanen, Willy Roth (Ref. 1) und Karl Weber
(Ref.2), auf die Walz, wie er es nannte. Sie erreichten Wien, wo Karl Glatt
und Willy sich mit Strassenverkauf und Hausieren von Zeichnungen und Bildern
durchschlugen. Karl fand in Baden bei Wien in der Rolettgasse eine Unterkunft.
1932 bewarb er sich erfolgreich bei der Wiener Kunstakademie und erhielt
als Meisterschüler bei Prof. Karl Sterrer (Ref. 3) ein eigenes Atelier,
ein ungewohnter Luxus, an den er sich gewöhnen musste. Leopold Birstinger
(Ref. 4), Franz Klasek, Alfred Loeb, Max Weiler (Ref. 5) und Karl Weiser (Ref.
6) waren Wiener Künstlerkollegen, mit denen er über seine Wiener
Zeit hinaus brieflichen Kontakt pflegte (Bild 3).
Eine ausbrechende Lungentuberkulose zwang ihn 1934 zur vorzeitigen Heimkehr.
Er musste zur Kur nach Davos in die Basler Heilstätte, ein kantonales
Sanatorium. Nach einem Jahr hielt er es im Sanatorium nicht mehr aus und zog
im Winter auf Skiern nach Galtür im benachbarten Vorarlberg. Er verbrachte
dort ein halbes Jahr bei Sennen, bevor er 1936 via Davos nach Birsfelden zurückkehrte.1937
liess er sich in Basel nieder und wuchs in die lokale Kunstszene ein. Die erste öffentliche Ausstellung Glatt's fand 1937 im Gemeindehaus
von Birsfelden statt (Bild 8). Ab 1939 stellte er in der Galerie von Bettie
Thommen in Basel aus. Zu dieser Zeit lernte Karl Glatt auch Lucie Notz kennen.
Lucie (Bild 9) war eine sportliche, selbstständige und unternehmerische
Frau, die als Modistin in Basel ein eigenes Hutatelier betrieb. Sie heirateten
1942 und hatten 2 Kinder. Lucie arbeitete und kreierte in ihrem Atelier modische
Frauenhüte bis zu ihrem 74. Lebensjahr.
Auf Anregung von Coghuf bereiste Glatt 1938 Südfrankreich und malte
in Arles und St. Marie de la Mer. In Arles lernte er den Kunstmaler Georges
Louis Pomerat (Bild 10, Ref. 9) kennen, für den er Aquarelle in Basel
ausstellte und verkaufte. Mit dem Ausbruch des 2. Weltkriegs wurden Auslandreisen
verunmöglicht, auch die Kontakte nach Wien wurden durch die Wehrmachtzensur
stark eingeschränkt und viele Künstlerkollegen mussten ins Militär
einrücken.
Coghuf, der im Jura wohnte und dort Militärdienst leistete, befürchtete
einen deutschen Einmarsch und die Vernichtung seiner Bilder. Er bat Glatt,
einen sicheren Aufbewahrungsort für seine Bilder zu finden. Nach dem
Krieg verbrachte Glatt die Ferien mit seiner jungen Familie in den Freibergen
des schweizerischen Jura. Die Dörfer La Bosse, St. Brais und Soubey waren
besuchte Stationen, in deren Umgebung viele der Juralandschaften entstanden,
die für Glatt typisch sind. 1956 erwarb er sich ein kleines, verlassenes
Haus im abgelegenen Weiler Froidevaux (Bild 11), wo er fortan die Familienferien
verbrachte.
Künstlerisch prägende Freundschaften mit Ernst Stocker, genannt
Coghuf (Bild 4, Ref.7),
und Max Kämpf (Bild 5, Ref. 8), gehen auf diese Zeit zurück. Der
Einfluss Coghufs ist in einigen der frühen Bilder erkennbar, wie hier
am Beispiel des Blumenverkäufers von 1939 (Bild 6). Bild 4zeigt Glatt
bei der Mithilfe an Coghufs Fresko an der Isaak Iselin Schule in Basel (1937).
Aber es zog ihn auch in die weitere Ferne; Spanien und seine Inseln waren bevorzugten Reiseziele, die er nach 1952 besuchte. Nach Ibiza bereiste er 1955 mit seinem Malerfreund Alex Maier (Ref. 10) die kanarischen Inseln, von deren landschaftlicher Vielfalt er stark beeindruckt war. Besonders die Insel Lanzarote hatte es ihm angetan mit ihren intensiv getönten, lavafarbenen Landschaften, die er in Aquarellen festhielt (Bild 12).
Zu jener Zeit wurde die Basler Kunstszene von der Gruppe 33 und den "Gsambisten", den Künstlern der GSMBA (Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten), dominiert (Ref. 11). Jüngere Künstler und Künstlerinnen gründeten deshalb 1948, angeführt vom Initianten Max Kämpf, den > Kreis 48 (Ref. 12), eine lockere Vereinigung, die sich primär um Interessenwahrnehmung (Zugang zu Ausstellungen) und Geselligkeit kümmerte, und weniger um programmatische Ziele. Auffällig ist, dass die meisten 48er die Gegenständlichkeit pflegten und nicht dem vorherrschenden Trend zur abstrakten Kunst folgten. Schon 1952 verliess Glatt den Kreis 48 und wandte sich 1958 der GSMBA zu.
1961 wurde er vom Bundesrat in die eidgenössische Kunstkommission berufen, der er bis 1964 angehörte.
Karl Glatt trat mit vielen Ausstellungen in der Basler Region an die Öffentlichkeit. 1986 gelang ihm der Sprung nach Berlin wo er im Berliner Innovations und Gründerzentrum (BIG) mit beachtlichem Erfolg ausstellen konnte.
Der Kanton Baselland ehrte ihn 1995 mit dem > Kulturpreis.
1996 starb seine Frau Lucie. Nach langer Phase der Niedergeschlagenheit fand er zurück zu seiner Arbeit. Das Bild eines Kranzes und ein dekorativen Schlaufengebindes, er hatte sie zu Lucie's Beerdigung erhalten, verarbeitete er zu teilweise stark abstrahierten Bildern, die er "vegetative Formen und Farben" nannte.
Er arbeitete bis zu seinem Lebensende im Atelier, auch wenn ihm der Weg dorthin und das unvermeidliche Treppensteigen im Basler Atelierhaus (Ref. 13) zusehends Mühe machten. 2003 starb er 90-jährig an den Folgen einer Kopfverletzung, die er sich beim Sturz von der Gartentreppe bei seinem Jurahäuschen zugezogen hatte. Er ist, zusammen mit Lucie, im Basler Friedhof am Hörnli begraben (Bild 14).
Referenzen:
1) Willy Roth (1908-1952) http://www.sikart.ch
2) In einer älteren Version dieser Webseite waren irrtümlichweise Karl und Friedrich Weber verwechselt worden. Aus dem hinterlassenen Briefmaterial von Glatt geht hervor, dass Karl Weber (später Architekt in Birsfelden) in Wien war und nicht Friedrich Weber, wie Glatt selbst angegeben hatte. Friedrich H. Weber (1908-2003) war Basler Schriftsteller und Journalist (Bild 13) und publizierte 1950 den Roman "Das Glück in der Luft" mit 14 Zeichnungen von Karl Glatt. Link zu Bibliothek Unibas.
3) Karl Sterrer Prof. (1885-1972): Erteilte Malunterricht an der Wiener Kunstakademie. Link zu Sterrer in Wikipedia.
4) Leopold Birstinger (1903-1983): Wiener Maler. http://www.alberndorf-pulkautal.at/birstinger.htm
5) Max Weiler (1901-2001) http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Weiler
6) Karl Weiser (1911-1988) lebte später in Salzburg, wo eine Strasse nach ihm benannt ist.
7) Ernst Stocker (1905-1976) http://www.sikart.ch
8) Max Kämpf (1912-1982) http://www.maxkaempf.ch/
9) Georges Pomerat (1870-1948) lebte in Arles.
10) Alex Maier (1917-2005); Martin Heller: Alex Maier, pp. 359-366. In: Gruppe 33, Yvonne Höfliger und Mitautoren, Editions Galerie zem Specht, Basel 1983.
11) Konrad Bitterli: Die Geschichte der GSMBA Basel. Friedrich Reinhardt Verlag, Basel 1990.
12) Kreis 48, > http://de.wikipedia.org/wiki/Kreis 48
13) Bruno Gasser (Herausgeber): 40 Jahre Ateliergenossenschaft Basel, Schwabe Verlag, Basel 2004